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Schlachtblatt | September 01, 2024

Hätte, hätte Fahrradkette

Hätte  hätte Fahrradkette

Warum wir ergebnisorientierte Sprache unbedingt wieder alltagstauglich machen sollten.

 

Intro

Hand aufs Herz: Julia, Mia und Mara haben kürzlich Bridgerton geschaut. Die feine Gesellschaft des 19.Jahrhunderts in England mit Lady Whistledown als Ur-Form des Gossip-Girls. „Kostümdrama“, steht bei Netflix als Beschreibung der Kultserie. Wir möchten es gerne um eine weitere Eigenschaft ergänzen: Sprachdrama. Wie wir das meinen? So:

 

„Schenket ihr mir diesen Tanz, so zögen wir gewiss neidvolle Blicke auf uns.“

(Konjunktiv I und II)

 

„Ihr sagtet, ihr seiet nicht abgeneigt, mit mir zum Ball zu gehen.“

(Konjunktiv I)

 

„Wenn ihr gestattet, so würde ich mich gern mit Ihnen zum Tee verabreden.“

(Konjunktiv II)

 

Kein Wunder, dass die Liebenden eine ganze Staffel brauchen, um einander eindeutig zu finden, bei so viel „hätte“, „könnte“, „würde“, „sollte“.

In diesem SchlachtBlatt möchten wir deshalb deinen Blick dafür schärfen, wie unsere alltägliche Sprache, unser Miteinander formt und was es bedeutet, eindeutig zu kommunizieren.

 

Input

Kleine Grammatikstunde:

Im Deutschen haben wir den Indikativ, den Imperativ und den Konjunktiv. Was ist was? Bevor du weiterliest kurzer Selbst-Check: Kennst du jeden Modus?

 

Hier die Auflösung:

Indikativ: Die Wirklichkeitsform. „Sie fragt ihn um Hilfe.“ – dieser Modus beschreibt, was ist.

Imperativ: Die Befehlsform. „Frag ihn um Hilfe!“ – dieser Modus beschreibt, was du tun sollst.

Konjunktiv: Die Wahrscheinlichkeitsform. „Sie frage ihn um Hilfe.“ (Konjunktiv I) „Sie würde ihn um Hilfe fragen.“ (Konjunktiv II) – dieser Modus beschreibt, was sein könnte.

 

Wir nutzen im alltäglichen Gebrauch viel zu häufig die – Trommelwirbel – Wahrscheinlichkeitsform, die wenig handlungsauslösend ist und mehr eine Art „Wunsch-Sprache“. Naja und Wünsche, so sagen wir bei Schlachtplan immer, sind ja meist wie an Weihnachten unterm Baum: Können da sein oder eben nicht. Klar ist das leider nicht.

Hier drei total frei erfundene Aussagen:

 

Beispiel 1:

„Ich würde noch eine Check-In-Übung einbauen.“

Wenn wir der Formulierung mal auf den Zahn fühlen, dann stellt sich beim ersten Beispiel die Frage, ob er/sie es nun macht oder nicht? Oder ob nur er/sie eine Check-In-Übung einbauen würde oder ob es tatsächlich ein gut gemeinter Rat ist.

 

Beispiel 2:

„Ich könnte für uns alle einen Tisch zum Teamtag reservieren.“

Hier drängt sich Ungeduld ein: Machst du es jetzt oder nicht? Oder wolltest du nur mitteilen, dass du die Fähigkeit besitzt, einen Tisch zu reservieren? Applaus.

 

Beispiel 3:

„Hierbei bräuchte ich Hilfe.“

In dieser Aussage fragt man sich sogleich: Brauchst du jetzt Hilfe oder gegebenenfalls irgendwann möglicherweise einmal?

Dennoch hat in den jeweiligen Situationen niemand das Einbauen der Übung, das Reservieren des Tischs oder das Bitten um Hilfe in Frage gestellt. Wir sprechen ständig in der Wahrscheinlichkeitsform, machen uns den Konjunktiv zum Alltagswerkzeug und nehmen es – so paradox es klingt – für bare Münze.

Der Konjunktiv klingt höflich, zurückhaltend, freundlich, unaufdringlich und vorsichtig. Der Konjunktiv schickt sich. Durch den Konjunktiv erwarten wir, dass unser Gegenüber genauso agiert und dann in eine Aktion tritt, ohne dass dies direkt ausgesprochen wurde. In der Pädagogik nenn man das: „Stiller Impuls.“ – Man erwartet bei Sätzen wie: „Die Tafel sollte aber noch geputzt werden.“ Dass ein*e Schüler*in im Raum aufspringt und die Tafel sauber macht. Für uns stellt sich hier die Frage – wieso können wir nicht einfach sagen: „Grüß Dich Peter, wärst du so nett und würdest einmal schnell die Tafel sauber machen?“ – Fertig.

 

Inside

Unser Alltag und unsere Arbeitswelt sind voll mit Unsicherheiten, Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten. Glücklicherweise bemerkt das niemand. Viele vergessen jedoch den psychologischen Wert, welcher hinter solchen Aussagen steckt. „Wir müssten…“, „Ich könnte…“ oder „Du solltest…“ klingt, als wäre die Dringlichkeit nicht hoch und ein Nichterreichen nicht weiter dramatisch. Ein Vorschlag, ein nett gemeinter Hinweis, aber kein Muss, also bitte hetzte dich nicht.

 

 

Im Sinne einer Selbsterfüllenden Prophezeiung ist es nicht schlimm, das vorsichtig formulierte Ziel nicht zu erreichen oder die Abmachung doch wieder in die Möglichkeitsform zu verschieben – „Ich hätte mal gut daran getan, meine Ziele im Indikativ Präsens zu formulieren.“

Ihr ahnt es schon – in unseren Beiträgen diesen Monat decken wir die Macht der ergebnisorientierten Sprache und Kommunikation auf.

Ein Abstecher in die Hirnforschung zeigt, dass wir unsere grauen Zellen durchaus umprogrammieren können und mit ein paar Gesetzen der Formulierung selbstwirksamer werden. So lernen wir letztlich (wieder), „deutlich“ zu sprechen und damit meinen wir keine logopädische Einheit. Gerade in verteilten Teams, welche vornehmlich remote zusammenarbeiten, ist eindeutige Kommunikation der heilige Gral. Warum? Weil uns total viel in der Kommunikation fehlt, wenn wir uns nur über den Bildschirm sehen, und dadurch wird es automatisch schwieriger bestimmte Botschaften richtig zu deuten. Klarheit hilft.

Dazu warten wir außerdem mit einem Beispiel aus einem Projekt auf und zeigen dir, wozu es führen kann, wenn alle um den heißen Brei reden, als ihn zu probieren.

 

Outro

„Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.“ (Antoine de Saint-Exupéry)

Getreu diesem Motto gibt es zum Outro eine Übung: Überlege dir jetzt einmal ganz genau, wie dein Nachmittag heute aussieht.

Anschließend streichst du jedes „möchte“, jedes „würde“ und ersetzt es durch ein „werde“. Was macht das mit dir? Wir sehr glaubst du nun daran, dass dein Nachmittag genau so aussehen wird?

 

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