Intro
Gut, gut, wir spielen hier mit einem Klischee. Aber – zu unserer Verteidigung – mit einem lebendigen Klischee. Leider.
Ein neues Verständnis von Arbeit und neue, flexible Arbeitsmodelle aka das echte New Work ist in vielen Unternehmen noch nicht angekommen. In diesem Moment fällt dir der Kickertisch im Aufenthaltsraum ein, du schürzt die Lippen und denkst: „Bei uns schon – Wir sind das 1%.“ Nein, das meinen wir nicht. Obstkorb UND kostenloses Wasser, wie aus dieser Stellenanzeige vom 19. Juli 2023 (!)sind nicht New Work. Und übrigens auch nicht nur die „Möglichkeit zum Home Office“.
Die Suche nach diesem Beispiel hat uns sage und schreibe zwei Minuten gekostet. Wir lernen daraus: New Work ist noch immer Neuland. Obwohl es gar nicht so „neu“ ist – der Begriff wurde bereits vor 39 Jahren geprägt.
Wir wären dann jetzt langsam ungeduldig. Wann geht es endlich los mit „neuer Arbeit“?
Jetzt und hier! In diesem Themenmonat. Und wir fangen ganz vorne an, damit alle folgen können…
Ok, let’s go!
Input
Es war einmal vor über 125 Jahren. 1885 zeigt sich Reichskanzler Otto von Bismarck in einer Rede im Parlament verständnisvoll. Das Verhältnis von Lebenszeit und Arbeitszeit ist nicht tragbar, Limits gab es jedoch nicht.
1889 wurde der 1. Mai zum Feiertag der Arbeiter*innen ausgerufen und länderübergreifend danach für die Einführung des 8-Stunden-Tages demonstriert. Am 23. November 1918 war es schließlich soweit: Der 8-Stunden-Tag wird eingeführt. Jubel!
66 Jahre später im Jahr 1984 gründete Frithjof Bergmann das erste Zentrum für „Neue Arbeit“ (New Work) in Flint in Michigan. Das war vor 39 Jahren. Bergmann betont dabei:
„Für viele ist New Work etwas, was die Arbeit ein bisschen reizvoller macht. Und das ist absolut nicht genug. New Work heißt, dass man Arbeit ganz anders erleben und empfinden kann als bisher und dass man sich auf diese grundsätzliche Andersartigkeit vorbereiten muss. Das ist ein radikal neues Denken. […] Ziel ist ein Wandel des Verständnisses und der Ausgestal- tung von Arbeit in der Praxis.“
Bitte etwas lauter, Frithjof! Denn selbst heute, 39 Jahre später, kam die Botschaft noch nicht ganz an – das verraten uns die Zahlen:
Laut einer Befragung in Deutschland aus dem Jahr 2022 mit 2000 Teilnehmenden im Alter zwischen 18 und 65 Jahren wissen 62,7% nicht, was mit dem Begriff New Work gemeint ist. 25,5% sind sich der Bedeutung nicht sicher und nur 11,9% wissen, was damit genau gemeint ist.
Schade.
Und wir haben noch etwas gefunden. Neben der Zufriedenheit mit dem Gehalt – woran New Work Instrumente nur indirekt etwas rütteln können – sind es laut einer Befragung aus dem Jahr 2022 von 1062 Arbeitnehmer*innen ab 18 Jahren
- bei 38% flexiblere Arbeitszeiten,
- bei 23% ein flexiblerer Arbeitsort und
- bei 30% eine offenere Kommunikation im Unternehmen
genau die Punkte, welche die Arbeitszufriedenheit positiv beeinflussen könnten und genau die Punkte, für welche New Work Strategien unter anderem stehen.
Es könnte also so einfach sein, oder? Fokus auf flexible Arbeitszeiten, unabhängige Arbeitsorte und eine offene Kommunikation?
Heute wird der Begriff New Work eher allgemein verwendet und steht für eine grundlegende und nachhaltige Veränderung der Arbeitswelt. Die grundsätzliche Idee Frithjofs liegt darin, dass mit dem Wandel von Industrie und Gesellschaft auch neue Arbeitsformen relevant werden. Ein smarter Gedanke!
Was haben uns denn die letzten 125 Jahre gebracht: Autonomes Fahren, künstliche Intelligenz als Alltagswerkzeug, Bionik, Robotik, Internationalisierung und Taylor Swift,… Aber trotzdem diskutieren wir aktuell über die 4-Tage-Woche oder die Rückführung der Arbeitnehmer*innen ins Büro.
Irgendwie fühlt sich das manchmal wie ein Rückschritt an oder liegt es daran, dass wir uns einfach zu wenig „trauen“?
Inside
Falls du jetzt schon dabei bist, prophylaktisch alle ins Home-Office zu schicken: „Ihr wollt es doch flexibel!“ So einfach ist das nicht. Zuerst sollte jedes Unternehmen – unserer Meinung nach – folgende Fragen für sich beantworten:
- Wer (Welcher Typ Mensch) arbeitet eigentlich in meinen heiligen Hallen? Welche Generationskohorten mit welchen Wertevorstellungen vertritt meinen Unternehmenspurpose? In welcher Umgebung fühlen sich diejenigen wohl und könnten die Tätigkeit auch gut/besser ausüben?
- Welche Tätigkeiten lassen sich gut von überall bearbeiten? Für welche Tätigkeiten brauche ich ein Office? Wie lässt sich das gestalten? Welche Möglichkeiten außer Ort und Zeit habe ich für die Mitarbeitenden, die ins Office kommen?
- Sind wir eine runde Marke, mit der man sich identifizieren kann, auch wenn ich von Zuhause aus der Küche heraus arbeite? Kennen die auch alle und leben diese von egal welchem Ort?
- Daraus ergibt sich dann die Frage: Wofür arbeiten die Menschen eigentlich? Das Motto „Hauptsache einen Job“ hat ausgedient. Kenne ich die Motive und Motivationsfaktoren meiner Mitarbeitenden? Sind es wirklich Arbeitszeiten bzw. Arbeitsort?
- Wie definieren wir bei uns eigentlich New Work? Welche New Work Instrumente gibt es denn eigentlich? Welche davon kommen für uns in Frage?
- Und dann? Feedbackschleifen drehen und testen! Habe ich regelmäßige Räume, in denen ich bestimmte Neuheiten bewerten kann? Nur so kann eine Entwicklung überhaupt entstehen.
Dabei können dir unsere Beiträge diesen Monat helfen.
Neben den verschiedenen New Work Instrumenten, welchen wir uns in einem Beitrag widmen und dabei erklären, warum man bei der Einführung sensibel und aufmerksam sein muss, plaudert Mara Hucke wieder aus dem Nähkästchen. In #marameint erzählt sie von ihrer Schwester, ihrem Vater und sich selbst – drei Generationen, drei Visionen von Arbeit. Alle könnten theoretisch im gleichen Unternehmen sitzen. Katastrophe oder Bereicherung? Wir werden sehen!
Außerdem geben wir dir einen Einblick in unsere Checkliste zur Einführung moderner und flexibler Werkzeuge im Unternehmen. Was raten wir unseren Kunden? Wobei begleiten wir sie?
Und zum Jahresabschluss bist du dran! Psychologisches Empowerment gilt als das Ziel von New Work Strategien und neuen Arbeitsmodellen. Was das bedeutet, erklären wir dir zum Abschluss und bieten dir einen Fragenkatalog, mit welchem du deine Bedarfe selbst aufdecken kannst. Dann steht einem Neustart in 2024 nichts mehr im Wege.
Outro
Dein Auftrag zum Jahresabschluss: Was brauchst du, um deinen Job gut zu machen? Was brauchst du, damit du nicht „um der Arbeit Willen“ arbeitest? … und hast du das schon mal deinem/deiner Arbeitgeber*in verraten?
Nimm dir in einem ruhigen Moment die Zeit zu reflektieren, worum es dir eigentlich geht.
Dann bleibt uns nur noch Eines:
Wir wünschen dir schöne Weihnachten und einen perfekten Start in das neue Jahr!
Wir sehen uns!
Quellen:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1297036/umfrage/umfrage-begriff-new-work/
https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/unzufrieden-im-job-tipps-um-etwas-zu-veraendern